[nachts, ich laufe nach hause nach draußen]

nachts, ich laufe nach hause nach draußen. boden hat ohren, wo meine
sohlen sind. hören, wie es um mich bestellt ist. horchen, aufs leiseste
laut. großes ja, mit dem finger in die luft getippt, zu sagen, ja, dieser
außenraum ist mein innenleben. und nächtlich geisterfahrer, die kaffee

trinken als ihr einziges, trauriges zitat. zu sagen, ja, ich habe straßen
gesehen, alpen aus haar. porsche und büsche, erwachsenes gras. ihr
nicht gehen, nichts sehen. meine augen auf ihnen wie die aussicht auf
eine sechste jahreszeit. ferne war da, ferne als maßeinheit. schüler war da,

lehrer. zu sagen, wer krank ist, wird vom sinn des lebens nicht geheilt.
sanft die kuhle meiner hand auf seine stirn zu legen, dieses gratis gefühl,
fantasielos und warm. mich zu erwischen in kontemplation. was war es
gleich, dass die mücken verharrten im flug für eine sekunde, tags, als die

zeichen zu scheiden mein auftrag nicht war. dass ich ging und ich geh.
zu sagen, schatz, heute nacht ist ein großes passieren, es feiern die
mücken ein bisschen am see. und immer herzschlag, wenn eine streife,
und meine hände in die höhe schnellen, als sei es, der last einer jahr-

hunderteschweren schönheit etwas entgegen zu halten. gewissheit
vielleicht, häuser stünden nicht. sind stehen geblieben. oder zweifel,
ob jedes fenster aus künftigen scherben besteht. dann sagen, ja, ich
weiß nicht, welches spiel hier gespielt wird. ich weiß nur, es steht 1:0.

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13 Antworten zu [nachts, ich laufe nach hause nach draußen]

  1. richard duraj schreibt:

    antonyme für einzelne bilder zu verwenden, hier „dieser außenraum ist mein innenleben“, ist extremst langweilig, eine der simpelsten arten, ein wenig herumzupoeteln. würde ich überdenken.

    • Tristan Marquardt schreibt:

      Aber die Ironie. Oder der Ernst.

      • richard duraj schreibt:

        ah, die hohe kunst der non-antwort. verstehe.

      • Tristan Marquardt schreibt:

        Das war schon so gemeint. Sprich: Ich würde dir recht geben, wenns wirklich nen Trick wäre. Aber die Stelle will genau das: Genauso tatsächlich ernst gemeint sein, wie nicht ernst zu nehmen.

      • richard duraj schreibt:

        tut mir leid, tristan, aber bei sowas hilft nicht, dass du klug genug bist, um beim schreiben lesarten mitzulesen und sie für deine intention zu halten, sodass du weißt, was eine stelle will, wie eine stelle meinen will, sie darüber abnicken und rechtfertigen kannst. dieses stilmittel der direkten verbindung von gegensätzen ist einfach und schlicht billig.

      • richard duraj schreibt:

        hab mich da unnötig zu einem „billig“ hinreißen lassen. das ist übertrieben, insofern absolut so falsch. aber es müssen schon besonders fesche gegensätze sein, um reizvoll zu sein, da im normalfall ein wie auch immer schwächlich gearteter „mehrwert“ sehr einfach herzustellen ist. auf leben und tod die hassliebe zwischen berg und tal wie licht und schatten oder feuer und wasser, siehe deinen anderen unfertigen text mit seinem „die letzten werden die ersten sein.“ auch hier der gleiche ansatz, die alte leier, und in dem fall ist es mir scheißegal, was zitiert wird.

  2. Linus Westheuser schreibt:

    ich hoffe dieser text wurde beim treffen ausgiebig gefeiert. „der last einer jahrhunderteschweren schönheit etwas entgegen zu halten“. waah. ich mag diesen pathos sehr und auch die nicht-ironisierte anredesituation, die sich da auf einmal wieder einschleicht – und die ich glaube ich seit 2009 nicht mehr aus marquardtscher feder gelesen habe… finde aber übrigens richtig, was richard bemängelt. insgesamt wirkt die erhabenheit leicht grammatikalisch rausgewürgt, durch die ganzen vorschübe a la ‚hören, da war ein hase. sehen, es gab milch‘ und so. plädiere für pathos statt erhabenheit.

  3. Lea Schneider schreibt:

    Eine Kleinigkeit: Müsste „gratis gefühl“ nicht zusammengeschrieben werden? :)

  4. Paula Glamann schreibt:

    @Linus: der text wurde beim Treffen gefeiert und ich finde den Mut zum Pathos in Kombination mit Inhalt und Sprachfertigkeit ganz ganz sehr groß.
    Da solls hingehen mit Marquard wünsch ich mir als Leserin. Und die Grenze zwischen Erhabenheit und Pathos finde ich nicht so kritisch. Man kann schon dazu stehen mit so einem Text, finde ich nicht probelmatisch und passt werkgeschichtlich zu einer Mutation des Oberlehrers, den andere Texte von Tristan sprechen lassen, und der witzigerweise hier ja auch in Ansätzen thematisiert wird.

  5. Paula Glamann schreibt:

    atmende anerkennung und hektisches grunzen in der regel, soweit ich mich erinnere… je nach uhrzeit wahrscheinlich variabel. allgemeine freude. oder irritationen und hektisches lesen wegen partialer freude…

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