barth

ich befand mich also auf der langen bierbank
norddeutscher geschichte / nicht weit von wo
die schiffe an ihrem geruch erkennbar waren
lagen die gärten / abends erschienen buchen
in den kursbüchern erschöpfter heimkehrer /
aus kronkorken baute ich flugzeugpropeller
die hatten mir gerade noch gefehlt

als mein bart gewachsen war erging an mich
diese abmahnung / quellwolken rollten ihre
ahnentafel auf den horizont / waren wie auf
einem reißbrett geplante glockentürme / ich
wurde zum zeugen der auferstehung weißer
daunenjacken / es ging nicht viel über diese
kanäle bloß rauschen

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Dieser Beitrag wurde unter Max Czollek, TEXTE veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

6 Antworten zu barth

  1. Tristan Marquardt schreibt:

    ich bin überrascht, dass mir, wo du mal wieder eine längere form bedienst, vieles aufgeplustert vorkommt:
    – „lange bierbank norddeutscher produktivität“: find ich inhaltlich schwierig und den genitiv sehr ungelenk
    – „unweit von wo“: hier hatte ich schon den verdacht, dass das mit den ungelenken konstruktionen absicht sei,wogegen dann aber das folgende spricht
    – „erging an mich diese“: warum so altbacken?
    – „quellwolken (…) gestochen“: scheint mir zu bemüht, weils bildlich nicht zusammengeht
    – „wie auf einem reißbrett entworfene“: auch das ließe sich doch raffen
    – „grölende auferstehung weißer daunenjacken“: kriegt durch die adjektive auch viel ballast
    – „bloß flüstern“: soll das wirklich so pathetisch sein? scheint mir ein zu starker rhetorischer effekt
    ich hoffe, du kannst meine überraschung verstehen – immerhin sind verdichtung bis ins detail, präzise wortwahl und genaue bildarbeit bei dir doch sonst business as usual.

  2. Max Czollek schreibt:

    jaja. der text folgt einem anderen verfahren. irritationen sind da angelegt…

    ich bin wiederum erstaunt, dass die einzelnen elemente bereits bei der besprechung im zirkel nicht zusammen gelesen werden. „erging an mich“ ist doch ebenso altbacken wie „auferstehung“ oder „unweit“. könnte dahinter nicht eine konstruktionsweise des textes liegen? usw.

    „quellwolken“ gehen bildlich nicht zusammen mit der familiengeschichte, aber warum steht das dann da und was hat das mit gestochen zu tun („gestochen scharf“ auf der bildlichen ebene geht doch; etw. gestochen einnert an tattoo,…)?

    Zum Verfahren: welche assoziationen entstehen, wenn die erste ebene nicht glatt durchgeht, sondern – ich würde sagen: bewusst – immer wieder irritiert wird.

    und das mit dem aufplustern ist so ein problem… fast so, als bräuchte narration, auch die simulierte, eine art verschlankte lyrik. ist das so?

    • Tristan Marquardt schreibt:

      das ist mir zu voraussetzungsreich. ich merke beim lesen immer wieder, dass ich einen haken brauche, in den ich mein interesse schlagen kann, um hängen zu bleiben, oder zumindest eine kante. also gar nichts gegen irritation, allerdings ist das problem, dass sie sich bei mir hier nur einstellt, weil ich weiß, dass du den text geschrieben hast. wäre das nicht so, hätte ich ihm wahrscheinlich nicht so viel aufmerksamkeit geschenkt, sprich: die irritation liegt darin, so etwas von dir zu lesen, und geht nicht vom text selbst aus. zum konkreten:
      – warum sollte ich das altbackene nicht in zusammenhang zueinander gebracht haben? ich wollte doch zum ausdruck bringen, dass mich eine konstruktionsweise, die so viel davon hervorbringt, stört.
      – die quellwolken gehen für mich vor allem mit dem gestochen bildlich nicht zusammen
      und deinen letzten punkt verstehe ich nicht. kannst du das noch ein bisschen erläutern?

  3. Linus Westheuser schreibt:

    finde den text nach der überarbeitung auf jeden fall viel besser, weil weniger pathetisch, gerade die kronkorken sind super an der stelle und die buchen und bücher funktionieren für mich auch sehr schön. ich würde aber trotzdem ganz vehement alex zustimmen, was die altbackenheit und bemühtheit angeht. die hochgestochene sprechhaltung scheint mir der text immer noch nicht einholen oder füllen zu können, weshalb dann das gefühl der aufgebauschtheit entsteht. ich würde das einfach rausnehmen und das gedicht auf die beschreibung/tranformation der szenerie fokussieren.

    handwerklich fallen mir außerdem auf, dass zeilen 7 und 9 eine „hatten“-struktur wiederholen, die nicht so schön ist, und dass der neue zusatz der „grölenden“ daunenjacken, mit den flüsternden kanälen in der zeile darunter nicht zusammengeht.

    weiterhin finde ich die „lange bierbank der norddeutschen produktivität“ kein gelungenes bild. produktivität hat zwar einen ökonomischen anklang, ist aber einerseits in diesem kontext ein sehr unbestimmtes konzept (output/input) und kann andererseits auch auf alles mögliche andere, wie etwa kreativität bezogen sein, wodurch die stoßrichtung des bildes verwässert ist, und allenfalls ein klischee von kritik oder politischem sprechen übrigbleibt, was aber die einzige rechtfertigung für das ästhetisch eher unglückliche bild wäre (siehe genitivkonstruktion). es gibt außerdem keine genuin „norddeutsche“ produktivität und sie ist auch kein gegenstand, wie eine bierbank, sondern ein prozess und ein verhältnis. beides sind problematische verkürzungen, die in eine ähnliche richtung gehen, wie die gartenzwerg-metaphern im letzten text.

    davon abgesehen eine schöne überarbeitung!

  4. Max Czollek schreibt:

    danke für die kritik, linus. ich glaube, ich verstehe jetzt etwas besser, was du meinst. vielleicht war die überarbeitung notwendig, damit die sicht auf den problematischen rest deutlicher wird. ich taste mich hier an ein neues verfahren ran. oder ich komme am ende doch wieder beim alten an, nur anders. mal schauen ;)

  5. Max Czollek schreibt:

    …so, 2. überarbeitung durchgeführt. nach mehrmaligem wunsch hab ich das alles nun wieder etwas deutlicher gemacht. die einzelnen elemente hängen jetzt über die bildliche eben zusammen. das narrative ist optional. wat sagta?

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