I.
das wird nicht gut das ist nicht leichter
geworden mit den jahren juckt das auch
nicht weniger frage ich was geht den weg
von bild zu bild dazwischen jene untiefen
hier ist jemand der nicht noch im
miesesten tümpel mehr sieht als das
eigene zerrbild in farbe also so sehr
tiefseetaucher ist dass er bloß noch
auf den großen tintenfisch wartet
keiner braucht diesen kitsch keiner
hat die absicht optimismus zu verbreiten
sehgewohnheiten unterm strich sind
schonhaltungen mehr nicht: das wird
bleibe ich sitzen auf einer parkbank vor
trüber brühe mit schnorchel und brille
finde ich mir ein paar bedeutungen
den maßstab meiner möglichkeit
II.
ihr müsst jetzt stark sein, fische!
mein linker rechter platz ist frei
kieme sucht see! irgendwo findet sich
vielleicht noch ein wenig o2 in diesem
sauren gewässer spiegelt der himmel sich bunt
wie eine werbekampagne nicht mehr lange
dann wird wasser wein (bestimmt kein guter)
das klingt hier fast prophetisch oder wie zitiert
aus einem bilderbuch der singsang ‚alle-meine-
-köder‘ jetzt wird ernst gemacht bis keine
schuppe auf den augen bleibt kein fischbauch
mehr weiß: den verdauungstrakt zur oberfläche
– ich will euch riechen können!
Also ich finde, der Mut, den dieses Gedicht hat, wird im großen Ganzen belohnt. Das Lesen macht Spaß, weil der Text gleichzeitig herausfordernd und unterhaltsam ist. Nur an wenigen Stellen läuft er meines Erachtens Gefahr, dass die überraschenden Momente nicht gelungen, sondern etwas gezwungen wirken: „übelst“ klingt, obwohl es vielleicht sogar umkehrt gedacht war, so, als würde da jemand nicht merken, dass er in Berliner Soziolekt rutscht. die „enthropie“ bleibt mit ihrem Fremdwortcharakter zu isoliert in diesem Gedicht. Wer den Begriff nicht kennt, empfindet die (als Strophenschluss ja ziemlich bedeutsame) Stelle als unverstanden, und kaum jemand wird wohl so motiviert sein, den Wikipedia-Weg zu wählen.
Ansonsten aber: feine Sache!