01042010 1907 Roseggerstr. 9 Küche

400 Meter unter Grund du vor mir mit den hohlen Klüften deiner
Fischaugen in meinen die ich jetzt ansehen muss mit nichts
als einem Flimmern vor der Iris vor deinem Fischartigem Sein nichts als eine
Stroboskopaufnahme im Flimmern im
Rauschen in der Tiefe
dort unten unter
400 Meter unter Grund du vor mir mit dem Wellenbruch deiner
Stimme die ich jetzt hören muss mit nichts
als einem Gluggern im Gehörgang vor deinem bruchartigen Selbst
nichts als das Gurgeln vor dem Spucken im Gluggern im
Rauschen in der Tiefe
dort unten unter
400 Meter unter Grund und du vor mir mit der heißlüftigen Schwüle deiner
Atemblasen aus deinem Mund die ich jetzt spüren soll mit nichts
als einem Surren aus der Lunge vor deinem blasenartigem du
nichts als ein lähmender Wind im Surren im
Rauschen in der Tiefe
dort unten unter
400 Meter unter Grund deine Belanglosigkeit ließ mich versinken und keiner wusste wohin an diesem verregneten Mittwoch Nachmittag so nass so durchnässt wie 400 Meter Ozean nur Flimmern und Gluggern und Surren
dort unten unter
400 Meter nur Rauschen und nicht mal ein Bild von dir

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3 Antworten zu 01042010 1907 Roseggerstr. 9 Küche

  1. linuswestheuser schreibt:

    ein sehr mysteriöses gedicht, finde ich.

    obwohl die struktur so gleichmäßig ist und die bilder relativ einheitlich in der stoßrichtung, bleiben die bezüge, also die erzählsituation, das entworfene verhältnis (das du), sowie die bedeutung der 4oo-meter-tiefe-metapher erstmal ziemlich dunkel. die vierte strophe fängt das dann einerseits auf, indem sie das ‚versinken ohne wohin‘ einführt, andererseits dreht das ganze dadurch dann aber nochmal richtig ab: einerseits wird die handlung auf den boden einer ‚verregneten‘ geschichte geholt, andererseits kommt mit dem fehlenden bild (nach dem fantasierten monster-du und dem belanglosen regen-du) auf einmal noch ein weiteres verhältnis zum du dazu, das für mich ganz neue türen aufmacht…

    also, ich musste das gedicht ein paar mal lesen, bis ich reingekommen bin (obwohl es natürlich rhythmisch sofort funktioniert) und auch jetzt bin ich mir noch nicht ganz sicher, ob es sich in dieser geheimnisvollen offenheit gerade am ende nicht zu sehr verliert. grundsätzlich finde ich dagegen die formen der wiederholten sätze sehr geil, dabei vor allem „vor deinem blasenartigen du“.

    was meint der rest so?

    • unmittelbarst schreibt:

      Ich hatte sowas wie Lesestufen. Zuerst hats einfach funktioniert, der Rhythmus hat mich reingezogen und ich bin so durchgerauscht und kam irgendwie am Ende des Gedichts wieder raus und dachte: Geil. Als ich die Achterbahnfahrt dann wiederholen wollte, bin ich immer wieder über einzelne Wörter gestolpert, „heißlüftige Schwüle“ ist so eins. An diesen Stellen war mir das zu viel, zu gewollt. Was mir dann aber auffiel, als ich das Gedicht noch mehrmals las: Einerseits entspricht die Form dem Inhalt ganz großartig, man liest und wird genauso herabgerissen und versinkt in einer wässrigen Tiefe wie das lyrische Ich. Andererseits gibt es dieses angedeutete Fazit zum Ende hin (das ich gar nicht als „geheimnisvolle Offenheit“ gelesen habe, eher als Gegenteil): Wenn man will, kann man sich die Wassermengen jetzt als Regen erklären, oder zumindest als vom Regen ausgelöste Assoziation. Und die sich wiederholenden Elemente werden miteinander verbunden bzw. neu eingearbeitet, statt „Rauschen in der Tiefe“ hat man jetzt „unter 400 Meter nur Rauschen…“. Dadurch bekommt das ganze einen abschließeden, erklärenden Charakter, der für das lyrische Ich bzw. inhaltlich ja eigentlich gar nicht gegeben ist. Das finde ich aber eigentlich ziemlich gelungen: Erst sinkt man hinab in diesen Gedankenwirbel der Auseinandersetzung mit dem Du, und am Ende bleibt „nicht mal ein Bild von dir“, man kommt nicht weiter mit diesen Gedanken, schlägt auf dem Boden auf, nach 400 Meter Fall.

  2. rubenmcloop schreibt:

    ich finds ja sehr witzig, wie Fische gerade einzug halten in einigen Gedichten… ist euch das auch aufgefallen? (bei antonia ja auch); das einzige was ich darüber kichernd sagen kann, ist, dass meine Mutter mit von den sterbenden Fischen in Deutschland erzählt hat, weil die lange Eiszeit den Sauerstoffaustausch verhindert hat; vielleicht schreiben wir alle viel mehr berliner fenster, als wird glauben wollen ;)

    Das Gedicht finde ich gut, ich teile aber die Sorgen um die einzelnen Wortbilder, die sich mir ästhetisch nicht erschließen, will sagen: der Klang geht rein, aber die Bilder nicht, weil mir da ein wenig zu viel Glugger, Blubber, Surren ist – so als wäre die ganze Kiste der Unterwassergeräusche mal ausgepacht worden. Das überfordert mich ein wenig, ich könnte auch schreiben: überfrachtet und wäre damit wieder im Gedicht als überladener Kutter, der zu kentern droht. 400 Meter – gottseidank regnets in Tel Aviv selten…

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